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Version 1.0 Gerhard - Hermann Kuhlmann, November 2005

Fragment ohne Umschlag (Jahr 1915 bis 1917)

20. April.

Ich mache den Brief noch mal auf, um Dir zu sagen, daß nun auch der zweite Sohn von Kenters, Hans, gefallen ist. Am 27. März hat er einen schweren Bauchschuß gekriegt und hat sich noch eine ganze Woche quälen müssen, ehe er an der Verblutung gestorben ist. Es ist so namenlos traurig. Der arme, arme Junge! Er war die ganze Zeit, schon ehe er nach Rußland kam, halb krank vor Heimweh und hat nun so mutterseelenallein sterben müssen. Und gerade er war so anhänglich und liebebedürftig. In der Zeit als er ausgebildet wurde war er bei uns, so oft er's eben ermöglichen konnte. Er schrieb auch sonst so fleißig und freute sich auf unseren weiß gedeckten Tisch mit Blumen -- wenn er erst wiederkäme. Alles vorbei! In der letzten Zeit blieb die Post von ihm ganz aus -- das ist ja immer der Anfang und darum werde ich auch immer gleich so unruhig, wenn ich länger nichts von Dir gehört habe. Dabei habe ich bei Dir das felsensichere Bewußtsein, Du wirst alles gut überstehen und bei Hans von Anfang an --- der kommt nicht wieder! Es tut mir jetzt so unendlich leid, daß ich ihm nicht mehr geschrieben habe, gerade in der letzten Zeit. Aber es kam daher, weil man einmal annehmen mußte, die Post würde ihn doch nicht erreichen, weil er erst eben nach Rußland gekommen war und dann hatte ich ja auch so wenig Zeit. Hoffentlich hat ihm Betta* mehr geschrieben. Leb recht recht wohl

Martha

*Elisabeth Ihle, genannt Betta (ghk)