24.06.18 (Brief ohne Umschlag)

Palzmar 24. Juni 1918

Liebste Martha!

Da das gestrige Schreiben recht kurz ausfiel, will ich mir diesem Schreiben die Mitteilungen ergänzen die gestern auszuführen durch die zunehmende Dunkelheit unmöglich gemacht wurden. Zunächst den Abmarsch betreffend: morgen abend rückend die Batterien ab, der Stab wahrscheinlich erst am Donnerstag. Die Neuregelung der Offiziersbesetzungen ist noch nicht heraus. Höchstwahrscheinlich komme ich aber zum Stab der III. Abteilung und schnüre mein Bündel somit erst am Donnerstag. Die Verladung erfolgt voraussichtlich am Freitag. Bis zur Verladestelle sind nämlich noch circa 50 km zu marschieren, deshalb, und wegen dem jämmerlichen Zustand der Pferde, die sich seit Wochen nur durch Weidegang, auch während des Marsches, ernähren müssen, ist der frühzeitige Abmarsch von hier notwendig geworden. Die Fahrt per Bahn bis zum Westen wird sicherlich bis Anfang Juli dauern. Mit einer fremden, bayrischen Haubitzabteilung werden die I. und III. Abteilung unsres Regiments vereinigt zu einem neuen Regiment. Welche Hausnummer wir nun bekommen, ist uns nicht bekannt. Ich wünschte, man ließe uns den alten Namen, andernfalls die Post wieder wochenlang umherirrt. Dieses vorläufig meine einzige Sorge. Wie man hört sollen viele Haubitzenregimenter zusammengestellt werden, die aus dem Osten gezogen kommen. An einen baldigen Einsatz in der Westfront glaube ich nicht. Wahrscheinlich wird man uns auf irgendeinem Truppenübungsplatz für die kommenden Operationen erst wieder vorbereiten. Gestern hielten wir hier ein kleines Scharfschießen ab. Ich sprach einige Herren von uns, die schon oben am Ostseestrand seit 8 Tagen als Quartiermacher waren und nun infolge der Gegenorder wieder zurückgerufen wurden. Dort oben soll es sehr schön gewesen sein, somit ist es eigentlich zu bedauern, daß der Gegenbefehl nicht einige Wochen später eintraf. Über alles weitere halte ich Dich dauernd auf dem laufenden. - Die gelegentlichen Mitteilungen über Einnahmen und Ausgabe zeigen die wachsenden Ausgabeposten. Im allgemeinen hat das nichts zu sagen. Wenn Du meine Ausgabenposten aus den Jahren 1910 bis 14 nachliest, werden Dir noch ganz andre Zahlen in die Augen fallen. Für Kunstdünger gab ich etwa jährlich 1500 Mark, für Kraftfutter die gleiche Summe aus. Es kommt nur darauf an, ob es eine rentable Ausgabe war. Jetzt, während der Kriegswirtschaft muß man allerdings die Augen sehr offen halten beim Ankauf von künstlichem Dünger. Der Wert derselben an Pflanzennährstoffen kann nur durch eine chemische Untersuchung festgestellt werden. Hinzu kommt die Ermittlung nach dem Preise pro kg Nährstoff. Der Name des Düngers muß bei diesen Ermittlungen ausgeschaltet werden. Jetzt während des Krieges wurde Kunstdünger in großen Mengen verkauft, die nach chemischen Untersuchungen wieder nichts wie Erde war. - Ankauf nur nach garantiertem Gehalt an Nährstoffen, die bei erhöhtem Preis eine Gewähr für Rentabilität vorausgesetzt günstige Witterung nicht ausschließen.

(Fortsetzung fehlt)

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Version 1.0 Gerhard - Hermann Kuhlmann, November 2005