Friedrich Hecker

Geboren 1811 in Eichtersheim (Baden - Rheinbund)

Gestorben 1881 in St. Louis (Missouri - U.S.A.)

Konfession: katholisch

31. März bis 3. April 1848 Mitglied des Vorparlaments

Der hochbegabte Sohn eines Beamten besuchte in Mannheim ein überkonfessionelles Gymnasium und wurde an der juristischen Fakultät der heidelberger und münchner Universität von hervorragenden Lehrern im Geiste der Aufklärung ausgebildet. Eine kritische Einstellung zur deutschen Gegenwart, antike Vorbilder und das Studium des politischen Systems der USA machten ihn zum überzeugten Republikaner. Trotz glanzvollen Examens lehnte er den Staatsdienst ab und wählte den Beruf des Anwalts.

Für F.H. war eine freiheitliche Ordnung nur in Verbindung mit einer liberalen Wirtschaftsordnung und Freihandel möglich. Nur sie gewährten auch den Staatsbürgern der unteren Schichten die Möglichkeiten des Aufstiegs. Alle Elemente der ständischen Gesellschaft und übermäßiger Staatskontrolle seien zu beseitigen.

Als Abgeordneter der zweiten Kammer des badischen Landtags erregte er mit engagierten Reden zu Bürgerrechten und sozialen Fragen deutschlandweit Aufsehen. Als er Anfang 1847 keine Chance mehr sah, die Verhältnisse zu ändern, trat er aus der Kammer aus und begab sich auf eine abenteuerliche Reise durch Frankreich und Algerien. Monate später von dort zurückgekehrt wandte er sich wieder dem politischen Leben zu. Von Anfang an war er auf badischer und gesamtdeutscher Ebene mit der Formulierung der Forderungen der Revolution befaßt.

Als prominenter Abgeordneter des Vorparlaments verlangte er, daß dieses Gremium die Initiative behalten und bis zur Wahl der Nationalversammlung „in Permanenz“ tagen müsse. Der Antrag wurde abgelehnt. In den Fünfzigerausschuß, der tatsächlich bis zur Wahl weiter tagen sollte, wurde F.H. auf Platz 51 gewählt. (Er hatte eine realistische Chance nachzurücken.) Dennoch: für ihn verlief die Revolution auf der Ebene des Deutschen Bundes damit in eine verhängnisvoll gemäßigte Richtung, die jede spätere Entscheidung für eine demokratische Republik - für F.H. die einzig akzeptable Entwicklung - unmöglich machen würde. Er wählte deshalb einen sehr riskanten, aber keineswegs von vornherein ausweglosen Weg, dieses Ziel dennoch zu erreichen. In Konstanz proklamierte er die Deutsche Republik. Bewaffnete Trupps sollten mobilisierend auf die Bevölkerung wirken und ausgehend von Baden die bestehenden Gewalten unter Druck setzen. (Mit einer ähnlichen Taktik waren die Schweizer Liberalen, Demokraten und Republikaner in den 1840er Jahren erfolgreich.) Diese Einheiten waren nicht darauf vorbereitet, ausgebildete Heere zu bekämpfen. F.H. rechnete damit, daß in der revolutionären Situation vom Frühjahr 1848 die Soldaten zum Überlaufen zu bewegen seien. Dieses Konzept scheiterte in dem Gefecht bei Kandern (siehe Friedrich von Gagern), und F.H. isolierte sich völlig gegenüber den Liberalen und auch den meisten Demokraten. Obwohl ordnungsgemäß gewählt, verweigerte die Frankfurter Nationalversammlung ihm die Wahrnehmung seines Mandats. F.H. zog daraus die Konsequenz und wanderte schon im September 1848 in die Vereinigten Staaten von Amerika aus.

Als sich nach 1856 in den USA die Auseinandersetzung über die Sklaverei zuspitzte, engagierte sich F.H. entschieden für die neu gegründete gegen die Sklaverei festgelegte „Republican Party“ unter Abraham Lincoln.

Er nahm als Oberst und Regimentskommandeur für die Union am amerikanischen Bürgerkrieg teil und wurde bei Chancellorsville verwundet. Nach der Schlacht von Gettysburg übernahm Hecker den Oberbefehl über die 2. Brigade der 3. Division des XI Korps. (Divisonskommandeur war Carl Schurz)

F.H. blieb Deutschland verbunden und sympathisierte mit der 1870/71 wiedergewonnenen politischen Einheit und den wirtschaftlichen Erfolgen, bezog aber politisch einen entschieden amerikanischen Standpunkt. Politisch, wirtschaftlich und sozial war Deutschland für F.H. ein Entwicklungsland. Die Veränderungen der politischen Richtungen in Europa nach 1848 waren ihm zuwider. Mit einer politischen Linken, die ihre Feinde nun in Privateigentum und Marktwirtschaft sah, konnte er nichts anfangen. Ebensowenig fand ein Bürgertum seine Sympathie, das sich mit Kaisern, Königen und Fürsten, mit Militarismus und Obrigkeitsstaat gemein machte und das auf den zollfreien Welthandel zugunsten von Subventionen und Schutzzöllen verzichtete. Liberale, die das allgemeine Wahlrecht fürchteten und einer demokratischen Republik die Monarchie vorzogen, waren F.H. verächtlich.

In seiner badischen Heimat, weniger im übrigen Deutschland, blieb Hecker in der oppositionellen volkstümlichen Erinnerung als Ikone der Revolution von 1848 erhalten.

Die Abbildung: zeigt Hecker als Parlamentsredner (Druckgrafik nach 1842, vor 1847)

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Gerhard-Hermann Kuhlmann 13.10.2007 (Version 1.3)