welche Auslegung meine liebe Schwester Marie finden wird für das Kirchenlied „Bis hierher hat uns Gott gebracht, durch seine große Güte“, wenn dieses, wie seit urdenklichen Zeiten Brauch am Sylvesterabend von der Gemeinde in der Kirche gesungen werden wird? Ich halte es mit dem alten Fritz, der da sagte, „Der liebe Herrgott ist immer mit den stärksten Bataillonen.“

Welch furchtbare Enttäuschung für alle religiös empfindenden Menschen. Eine ebenso furchtbare Enttäuschung für uns Monarchisten ist die Tatsache von der feigen Flucht unseres früheren Kaisers. Das hätte ich ihm wirklich nicht zugetraut. Wahrscheinlich hat er sich durch feige Hofschranzen zu dieser erbärmlichen Tat überreden lassen. Anfangs habe ich Mitleid mit ihm empfunden, jetzt ist dieses Empfinden völlig verschwunden. Für den Kronprinzen gilt dasselbe. Erbärmliche Feigheit, die ich höchstens unserem „Pölle“ zugetraut hätte. Was wird die Zukunft bringen, wie tief wird man uns noch demütigen? Ich halte es für völlig ausgeschlossen, daß Wilson mit der Verwirklichung seiner aufgestellten Richtlinien als Basis für die bevorstehenden Friedensverhandlungen bei seinen Verbündeten durchdringen wird. Zum mindesten wird man durch Wortklaubereien aller Arten eine andere Auslegung der bekannten Punkte finden, wie wir sie zu hoffen wagen und wie sie ein gesunder Menschenverstand dem Wortlaut nach auslegen würde. Wie schnell ist meine Prophezeiung vom letzten Sommer zur Tatsache geworden, mit solch einem schnellen Ende Fortsetzung

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Version 1.0 Gerhard - Hermann Kuhlmann, November 2005